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Karlsbad, d. 15. 5. 41
Mein allerliebstes kleines Muttilein!
Aus der Ferne sendet Dir Dein Lumpsack zu Deinem Ehrentage recht viele Grüße und Küßchen. Ich kann ja diesmal nicht bei Dir sein. Nächstesmal werde ich ihn ja bei Dir verleben können.
Nun viele, viele, viele Grüße und Küßchen
von Deinem Lumpsack
Mutti schrieb den Brief mit dreizehn Jahren aus der Kinderlandverschickung. Omas Geburtstag war am 23. Juni.
Lager der Händelschule Berlin
Oberschule für Mädchen
Karlsbad, Parkstraße 12
Karlsbad, 26. August 1941
Sehr geehrter Herr Tews
Anbei kann ich Ihnen nun das Formular zur Erklärung übersenden. Noch einmal können Sie sich entscheiden, wie Sie es halten wollen, ich bitte Sie ergebenst, bei ihrer Entscheidung, die Ihnen vollkommen freisteht, die ganze Tragweite Ihres Entschlusses zuvor zu überdenken. Nie, so muss es verstanden werden, wird sich die ganze hochherzige Bedeutung des Führergeschenkes an die deutsche Jugend besser erweisen als in den kommenden herbstlichen und winterlichen Monaten. Deshalb möge Ihr Entschluss das Rechte treffen. Kindlicher Wunsch sieht die Dinge anders und macht sieh Mut an vermeintlichen Zahlen von scheinbar fortgehenden Kindern. Diese Zahlen beruhen auf Irrtum. Das Lager der Händelschule bleibt erhalten. Ein Teil der Eltern hat schon seine Erklärung zum Hierbleiben abgegeben. Für die hierbleibenden Kinder ist nach wie vor in allen Belangen bestens vorgesorgt, für Kinder, die hierbleiben, besteht nach Abgabe der Erklärung in dringenden Fällen die Möglichkeit, sie auf kurze Zeit nach und nach einmal zu beurlauben.
Ich erwarte nun Ihren Bescheid.
Heil Hitler!
Offenbar hat mein Opa abgelehnt. Im September 1941 kam Mutti aus der Verschickung zurück.
Zakopane, d. 18. 12. 43
Meine lieben, lieben Eltern!
Ich wünsche Euch ein recht, recht frohes Weihnachtsfest, und vor allen Dingen Gesundheit und Ruhe vor den Tannenz. Ich kann ja diesmal wieder nicht bei Euch sein, so gerne ich es auch möchte, aber was nicht sein kann, kann nicht sein.
Wenn Ihr diesen Brief öffnet, sitze ich bestimmt unter dem Weihnachtsbaum, packe Euer Päckchen aus und denke an Euch. Ihr werdet ja sicher keinen Weihnachtsbaum haben unter dem Ihr sitzen könnt. Daß Ihr eine kleine Freude habt, schenke ich Euch ein paar Bildchen von mir. Die Personenaufnahmen von mir sind ja nicht schön geworden, aber ein Gruß sind sie doch. Das dazugehörende Album wird bei mir unterm Tannenbaum liegen. Es ist in Holz gebunden und mit Schnitzereien versehen. Es zu schicken hat ja keinen Zweck, wenn wir wieder zusammen sind, wird es die Bilder schmücken.
Was werdet Ihr wohl den ganzen Weihnachtsabend machen. Wir werden bei uns im Zimmer unterm Weihnachtsbaum sitzen und an zu Haus denken. Wie schön wäre es wenn wir das nicht bräuchten, sondern dort wären.
Also noch einmal ein recht, recht frohes Fest, und alles, alles Gute. Mit vielen Grüßen und Küssen von Eurer Anneli.
Mutti war fünfzehn, fast sechzehn, als sie zu Weihnachten 1943 aus der Kinderlandverschickung in Zakopane schrieb.
Nach den Erinnerungen, die sie immer wieder einmal erwähnt hat, muß sie diesen Lageraufenthalt als eine sehr schöne Zeit erlebt und genossen haben.
Im Dezember 1944 ließ sie sich als Jungmädelschaftsführerin nach Berlin zurückschicken.
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Muttis Poesiealbum
Mach Gehorsam Dir zu Eigen,
Folge gern der Eltern Wort
Lerne reden, lerne Schweigen
Aber stets am rechten Ort.
Gegen Ältere sei bescheiden,
Gegen Jüngere freundlich hold
Alles Böse lerne meiden
Glaube das ist mehr als Gold.
Dies schrieb Dir liebe Anni
zur bleibenden Erinnerung
Tante Janni
Bl. d. 8. 3. 35
Ich habe keine Ahnung, wer Tante Janni war. Da dies der älteste Eintrag ist, hat sie Mutti vermutlich das Album geschenkt. 1935 war Mutti sieben Jahre alt.
Ob reiches Glück Dir zugemessen,
ob kummervoll Dein Leben ist,
die Mutter darfst Du nie vergessen,
damit Du auch nicht Gott vergißt,
treu sollst im Herzen Du sie halten
und wenn es Dir ums Leben gilt,
sie lehrte Dich die Hände falten
und sprach Dir vor Dein erst Gebet.
Dieß schrieb Dir Deine Cousine
Trudchen
Tante Trudchen ist die Tochter von Omas Schwester Tante Minna. Kurz vor dem Mauerbau ging sie zurück in den Osten, um ein paar Sachen zu holen und konnte nicht wieder zurück. Ihre Tochter Jutta wuchs bei der Großmutter in Westberlin auf.
Breit aus die Flügel beide,
O Jesu, meine Freude
Und nimm dies Küchlein ein;
Will Satan es verschlingen,
So laß die Englein singen:
Dies Kind soll unverletzet sein!
Nimm, liebe Anni, dies als Wunsch und Bitte deiner alten Nachbarin und treuen Freundin
Tante Eichelberg
Berlin, den 29. Sept. 1935
Vor allem eins mein Kind:
Sei treu und wahr!
Laß nie die Lüge deinem Mund entweichen.
Von alters her im deutschen Volke war
der höchste Ruhm,
getreu und wahr zu sein.
Onkel und Tante Tews
Tempelhof, den 22. September 1936
Nach diesem Eintrag muß mein Opa Geschwister gehabt haben. Ich habe nie etwas von ihnen gehört.
Zufrieden sein ist große Kunst,
zufrieden scheinen bloßer Dunst,
zufrieden werden großes Glück,
zufrieden bleiben, „Meisterstück“.
Im Januar 1937
Deine Tante Marta
Tante Marta, die „kleine Martel“, war eine Cousine meiner Oma. Sie war oft bei Oma und mir in Odenthal zu Besuch.
Hast Du mal Kummer und Herzeleid,
hoffe auf morgen auf bessere Zeit.
Brauchst dir nicht weinen die Äugelein rot,
Gott kennt die kleinen, kennt ihre Not.
Deine Cousine Hildegard
Januar 1937
Ich habe keine Ahnung, wer das ist.
Es ist ein tiefer Segen,
der aus dem Herzen spricht:
Erfülle aller Wegen
getreulich Deine Pflicht.
Berlin 29. 3. 37
Papa und Edith Grellert
Grellerts müssen Freunde oder Verwandte meiner Großeltern gewesen sein. Als sie im Februar 1945 ausgebombt wurden, konnten sie bei Grellerts unterkommen.
Wohl kann die Brust
den tiefsten Schmerz ertragen,
doch stummes Glück
erträgt die Seele nicht!
Eduard Grellert
29. 3. 37
Bei allem mit ganzer Seele sein,
mit treulicher Willensstärke,
das gibt den Erfolg, das gibt allein
die rechte Freude am Werke.
Dir, liebe Anni, mit herzlichen Wünschen!
Deine Lehrerin
E Runge
Berlin, 17. Dezember 1937
Ehre Vater und Mutter
das ist das erste Gebot das
eine Verheißung hat
zum Andenken
Tante Berta
Berlin 16. 2. 1938
Tante Berta könnte Omas älteste Schwester gewesen sein.
Tadle nicht Menschliches,
Alles ist gut,
Nur nicht überall,
Nur nicht immer,
Nur nicht für alle.
(Novalis)
Dein Pate Walter Jaks
Berlin, den 14. April 1938
Onkel Walter war ein Cousin meiner Oma und für mich so etwas wie der einzige lebende Großvater. Er war bei uns als Oma starb und mit sechzehn bis neunzehn habe ich ihn ein paarmal in Westberlin besucht. Er starb 1979 und ist in Köln im Grab meiner Großeltern beigesetzt.
Sage nie „das kann ich nicht“,
vieles kannst du, wills die Pflicht,
schweres kannst du, wills die Liebe,
darum dich im schweren übe.
Schweres fordern Lieb' und Pflicht
sage nie „das kann ich nicht“.
Mag auch Erd' und Himmel vergehen
doch die Erinnerung bleibt bestehen
in trüben Stunden da ist sie dir hold
in Stunden des Schicksals sie leuchtet wie Gold.
Ja die Erinnerung ist rein wie Licht,
sie weicht von des Menschen Herzen nicht.
Diese beiden Sprüche widmet Dir liebe Anni zur Erinnerung und Beherzigung Dein Cousin Ulrich
Berlin 2. 5. 38
Auch von diesem Cousin habe ich nie gehört.
Dein Leben lang
habe Gott vor Augen
und im Herzen!
Und hüte Dich,
daß Du in keiner Sünde willigest,
noch tuest wider Gottes Gebot!
Meiner lieben kleinen Anni
fürs Leben
Deine Mutti
den 8. Mai 1938
Ihre Eltern hat Mutti erst nach drei Jahren mit zehn in ihr Buch schreiben lassen aber auf die ersten bis dahin freigelassenen Seiten.
Sei ehrlich, treu und wahr, immerdar
Dein Vater Willy Tews
Berlin, den 26. 4. 1939
Zur Erinnerung
an die Heimat deiner Mutti
im Juli 1939
Dein Onkel Gustav
Wenige Monate vor Kriegsausbruch ist Mutti in Ostpreußen zu Besuch gewesen. Ich weiß nicht, ob ihre Großeltern noch lebten, hier eingetragen haben sie sich nicht.
In stiller ungetrübter Freude
durchwandle deine Lebenszeit.
Ein Engel geh dir stets zur Seite,
und schütze dich vor jedem Leid.
Zur Erinnerung an deine Marta
Ostpreußen den 1. 8. 1939
Der Handschrift nach ist diese Marta nicht Tante Martel.
Wenn ich hasse, so nehme ich mir etwas; wenn ich liebe, so werde ich um das reicher, was ich liebe.
Schiller
Diese Worte, meine liebe Anni, schrieb Dir an Deinem letzten Tag in Groß-Meseritsch
Ellina Löwenhaupt
Groß-Meseritsch, den 20. 12. 44
Bis zum Schluß hat Mutti Kontakt zu ihren Klassenkameradinnen gehalten und erst in den allerletzten Jahren konnten die jährlichen Klassentreffen nicht mehr stattfinden.
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Das Abitur ist jetzt nahe herangerückt und trotz der Sorge um das Nächstliegende drückt doch schon die Frage der Zukunft schwer auf mein Ich. Zwölf Jahre lang hat mich die Schule behütet und meinem Handeln ein bestimmtes Ziel gegeben. Jetzt stehe ich an einem Wendepunkt, der Beruf soll erwählt werden; ein Schritt, der für das ganze weitere Leben entscheidend ist, soll getan werden, und, wenn ich die möglichen Pläne erwäge, stelle ich mir immer die Frage: „Handelst du auch so, wie es deinem Denken, deinem inneren Wesen, deinem Chrakter entspricht?“ - Wie ist aber nun mein Charakter? Meist ist es ja so, daß man die Charaktere anderer Leute aus ihrem Handeln gut zu kennen glaubt,
jedoch sich über seinen eigenen gar keine Gedanken macht. Wo aber ein Erkennen des eigenen Charakters unbedingt notwendig ist, will ich versuchen, ein eigener Richter meines inneren Wesens zu sein.
Am meisten hat mich wohl meine Umgebung, haben wohl die Menschen, die mich erzogen, meinen Charakter beeinflußt. - Ich bin nur zwischen meinen Eltern, mit denen ich sehr zurückgezogen lebte, aufgewachsen. Mein Vater, der mir noch heute ein Vorbild im logischen Denken ist, hielt mich schon früh zu Ordnung und Pünktlichkeit an, so daß es mir unmöglich ist, eine Pflicht zu vernachlässigen, oder einen Menschen ohne Grund warten zu lassen. Es ist mir ein inneres Bedürfnis, saubere Hefte, ordentliche Kleidung und ein bestimmtes Ziel, sei es auch noch so klein, zu haben. Meine Mutter ist ein Gefühlsmensch. Von ihr lernte ich die tiefe Menschenliebe, das Hineindenken in die Gefühlswelt eines anderen Menschen. Sie gibt sich um anderer willen völlig selbst auf. Leider habe ich diese Eigenschaft nicht völlig geerbt; in mir streiten oft Verstand und Gefühl miteinander, und zuerst gehe ich bestimmt mit dem Verstand an jede Tat. Nur dem dauernden Einfluß meiner Mutter ist es zu verdanken, daß ich auch mein Herz bei meinen
Handlungen sprechen lasse. Eine jede Tat stimmt mich deshalb froh und traurig zugleich; froh, daß ich ich meinen Verstand bezwungen habe, und traurig, daß mir dies nicht selbstverständlich ist.
Vielleicht ist meine ruhige Umgebung daran schuld, daß ich schon früh ein kleiner Sonderling wurde und nie einen Verkehr suchte. Meine Spielsachen, meine Bücher und die Natur waren mir vollkommen genug. Es bedurfte oft zahlreicher Ermahnungen überhaupt mit anderen Kindern spielen zu gehen. Ich war und bin ein Träumer, doch je mehr sich mein Verstand entwickelt, um so mehr bekämpfe ich diesen Hang; und während des Tages bezwinge ich mich und bemühe mich, oft auch gegen meinen Wunsch, die Stunden des Tages nur zu den Pflichten, die der Tag mit sich bringt, zu (benutzen) verwenden, so daß nur ein paar Minuten am Abend oder am Morgen, die nicht vom Schlaf in Anspruch genommen werden, für Träumereinen bleiben.
Der einzige Verkehr, den meine Eltern hatten, war meine zahlreiche Verwandtschaft. Doch schon als Kind bemühte ich mich, so wenig wie möglich mit ihnen zusammenzukommen, denn als Jüngste fühlte ich in allen Worten Erziehungsversuche, und ich kann heute noch über gut
gemeinte Ermahnungen von Menschen, deren unbedingte Überlegenheit, sei es menschlich oder geistig, ich nicht anerkenne, sehr ungehalten werden. Es tut mir dann hinterher leid, wie jedes andere böse Wort, das ich einem Menschen sage, aber ich bin noch heute bereit, die Konsequenzen dafür zu tragen. - Meine Vorbilder suche ich mir immer ganz allein aus. Sie geben mir durch ihr einfaches Auftreten mehr und lassen mich tiefer über Handlungen nachdenken als Ermahnungen mir gleichgültiger Menschen.
Diese Eigenschaften wurden durch meine Entwicklung dann zum Teil verändert, zum Teil kamen neue hinzu. - Als ich in die Schule kam, war ich gezwungen, mit gleichaltrigen Mädchen zusammenzusein. Hier wurde die Schwermut, die ich wie meine Mutter in sehr starkem Maße besaß, gemildert; und der Verkehr ließ mich eine Freude am geselligen Zusammensein empfinden, wenn es mir auch nie ein inneres Muß wurde. - Mit zunehmendem Alter ging mein Wissensdurst allen anderen Wünschen voran. Ein großes Wissen schien mir die Erfüllung aller Wünsche, und ich ruhte nicht eher, bis ich eine Oberschule besuchen durfte.
Darin könnte, von meiner Mutter unerkannt, der Einfluß meiner Oma stecken. Opa hat ihren Schulwunsch als unnütz abgelehnt und sie verdankte dessen Erfüllung ihrem Patenonkel. Oma hatte nie die Gelegenheit, mehr als das Minimum zu lernen, aber in Ihren Gesprächen und Erinnerungen tauchte immer wieder ein „Onkel Bikesches“ (gesprochen, wie ein Amerikaner Becatius aussprechen würde) auf, der ein sehr belesener Mann gewesen sein muß, auch wenn sein Lieblingsautor Karl May gewesen zu sein scheint, und der im Dorf nicht nur viele Bücher besaß, sondern wohl auch die Muße, sie lesen zu können.
Durch den Krieg kam ich 1940 zum ersten Mal in eine Gemeinschaft, und es fiel mir sehr schwer, mich dort einzuleben. Ich hatte die Eigenschaft, all die kleinen Fehler meiner Umgebung scharf zu kritisieren, wenn auch nur für mich; denn ich sah das Schändliche dieser kleinlichen Handlungsweise immer ein. Dagegen hielt ich bei wirklichen Gelegenheiten mit der Wahrheit nie zurück, und ich bin heute noch froh, immer die Wahrheit zu sagen, denn dadurch gebe ich jedem Ding den richtigen Namen und brauche nicht durch eine Wall von Heucheleien, in denen man sich nur zuletzt selbst verstrickt, hindurchzugehen. - Näher angeschlossen habe ich mich auch in dieser Zeit kaum an jemand, und ich weiß, daß ich noch heute spröde, ja oft sogar steif wirke. - Als schlechte Eigenschaft ist mir in der Gemeinschaft immer mein Trotzkopf aufgefallen. Wenn ich eine Sache oft zehnmal als falsch einsehe, ich mache sie gerade. Fühle ich aber Reue, so ist diese meist sehr stark, und ich entsinne mich noch heute eines Abends in Zakopane, wo ich mich so schämte, daß ich stundenlang mit dem Weinen nicht aufhören konnte. Es ist immer sehr befreiend für mich, wenn ich endlich die erlösenden Tränen finde; denn meist verschließe ich meine Empfindungen tief in meinem Innern und lasse keinen zweiten Menschen, vielleicht aus Scham, vielleicht aus Angst nicht
verstanden zu werden, daran teilnehmen.
Meine Menschenscheu verlor ich mit zunehmendem Alter immer mehr; ich fand auch Menschen, die ich Freunde nenne, die mir innerlich ein Halt und eine Stütze sind.
Schon früh war ich an selbständiges Handeln gewöhnt und fragte nie erst viele Menschen wegen irgendeiner Entscheidung um Rat; und noch heute wird mir schwer jemand meine Unsicherheit vor Entscheidungen anmerken. Die letzten Jahre haben mich viel Schweres erleben lassen. Ich nahm an dem Schickal vieler Menschen teil; ich durfte ihnen Trost zusprechen und durch meine äußere Festigkeit über viele Dinge hinweghelfen. Ich habe in dieser Zeit viel in mein Inneres verschlossen, ohne daß mir jemand helfen konnte, damit fertig zu werden. Dabei habe ich einen großen Teil meiner Fröhlichkeit verloren. - Nachdem mir im vorigen Jahr noch der Glauben an ein Deutschland genommen wurde, dessen Fehler ich nicht einsehen wollte, habe ich ernstlich mit dem Gedanken gespielt, meinem Leben, das für mich kein Ziel mehr hatte, ein Ende zu machen. - Hier waren nun die Natur, die mir in ihrer stillen Erhabenheit immer Trösterin war, und die Bücher, deren Menschen ich als Vorbilder sehe und
deren Inhalt mir oft die Lösung meiner Fragen gibt, die Elemente, die mir den richtigen Weg zeigten. Aber ich kämpfe noch heute zwischen Gefühl und Verstand und suche meinen Weg mal nach dem einen und mal nach dem anderen zu richten.
Ich habe nur einen Wunsch, daß ich meine innere Fröhlichkeit wiederfinden möge und mich wieder von ganzem Herzen freuen kann, so daß ich andere Menschen mit meinem Frohsinn mit froh machen kann, denn jetzt muß ich mir nach jedem schönen Tag immer im tiefsten Innern sagen: „Es war ja sehr nett, aber eine Saite in deinem Innern ist doch noch nicht mitgeschwungen. Du hast es nett gefunden, weil du dich ablenken wolltest, aber nicht, weil die Freude an der Sache von Herzen kam.“
Wenn ich so mein inneres Wesen betrachte, merke ich, daß es noch viele Schlacken auszumerzen gibt, und daß mein Inneres sich nach innerer Klarheit sehnt. Deshalb bin ich jedem Menschen dankbar, der mir durch seine menschliche Reife ein Vorbild ist und mich immer wieder auf den richtigen Weg zurückführt.
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